Feigen und der Klimawandel
Beim Stichwort ‚Klimawandel‘ denkt der Feigenfreund zunächst an längere und wärmere Sommer, an eine reiche Ernte und einen tollen Geschmack. Und ja, vielleicht finden so auch die Feigenwespen bald einen Weg zur weiteren Verbreitung nördlich der Alpen!
So mancher denkt auch, das wir in naher Zukunft hier ein für Feigen ideales, mediterranes Klima haben. Vergleichen wir mal die wichtigsten Klimadaten aus einer mediterranen Region mit Deutschland:
Die Region Cliento in Italien ist eines der größten Anbaugebiete für Feigen. Freiburg ist einer der sonnigsten und wärmsten Orte in Deutschland.
Wie man den Tabellen entnehmen kann, sind wir in Deutschland weit, sehr weit von einem mediterranen Klima entfernt. Nicht zu vergessen die frostigen Wintertage und den Spätfrost der unsere Feigen massiv schädigen kann.
Leider ist der Klimawandel in unseren Breiten für die Feigen nicht nur positiv:
Schauen wir uns dazu mal den Phänologischen Kalender für Deutschland an und vergleichen die Zeiträume von 1961-1990 und von 1991-2020:
Besonders deutlich zu erkennen ist, dass der Vorfrühling in den letzten Jahren deutlich früher beginnt. Schon Mitte Februar ist es oft so warm, dass die Feigen aus dem Winterschlaf erwachen, der Saft in den Stamm und in die Äste steigt und die ersten Brebas gebildet werden.
Gleichzeitig sehen wir in den letzten Jahren eine starke Zunahme meridional geprägter Wetterlagen, bei denen die atlantische Frontalzone (die Westwetterlage) blockiert wird und die Tiefdruckaktivität nach Süden austrogt. Dabei gelangen wir entweder in eine kalte Nord-Süd oder eine warme Süd-Nord-Strömung. Gerade die kalten Nord-Süd Strömungen können – trotz insgesamt steigender Temperaturen – auch negative Auswirkungen auf unsere Feigen haben:
Zum einen können uns mit einer meridionalen Nord-Süd-Wetterlage bereits im Spätherbst schon recht kalte Luftmassen erreichen. Dies war beispielsweise Ende November 2023 der Fall, als plötzlich auftretende, teilweise bereits zweistellige Minustemperaturen bei den noch voll im Saft stehenden Feigen zum Rückfrieren von Trieben führten. Eine langsame Anpassung der Feigen an die kälteren Temperaturen durch einen verringerten Saftfluss war nicht möglich. Die damit einhergehende größere Frosthärte konnte somit gar nicht erst erworben werden, was vielfach bereits zu den ersten Schäden führte.
Anderseits können kalte Nord-Süd-Strömungen auch im Frühjahr häufiger auftreten. Dies kann in vielen Regionen zu Spätfrost mit Temperaturen deutlich im Minus-Bereich führen. Dieser Spätfrost hat im Frühjahr 2024 vielfach zum vollständigen Verlust des frühen Blattaustriebs und aller Brebas geführt. Grundsätzlich reichen aber auch schon ein paar Nächte mit niedrigen, knapp einstelligen Temperaturen, dass die Versorgung der Brebas leidet und die Feige mit Fruchtfall reagiert.
Nicht zuletzt werden die Sommer wärmer. Eine warme Vorderseiten-Anströmung einer meridional geprägten Süd-Nord-Wetterlage kann aber aufgrund der hohen Verdunstung über den Meeren und der besseren Wasseraufnahmefähigkeit von warmen Luftmassen erhebliche Wassermengen mit sich führen. Dies kann in unseren Breiten gerade in den südlichen und westlichen Landesteilen Deutschlands häufiger zu einem schwülen und feuchten Wetter führen, das auch von erheblichen (Stark-) Regenmengen geprägt sein kann. Auch dieses eher feuchte Sommerwetter ist nicht unbedingt vorteilhaft für unsere Feigen, die ein trockenes und sonniges Wetter bevorzugen.
Mit freundlicher Unterstützung von Stephan Manthei